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Offener Brief an Stadt und Landkreis Regensburg: „Jetzt den ÖPNV boostern“ 23 Umweltinitiativen, Vereine und Parteien fordern schnelles und entschlossenes Handeln

Zusammen mit 22 weiteren Regensburger Umweltinitiativen haben wir in einem offenen Brief an Stadt und Landkreis Regensburg den ÖPNV jetzt zu boostern.

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer,

 

sehr geehrte Frau Landrätin Schweiger,

 

sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Freudenstein,

 

sehr geehrter Herr Bürgermeister Artinger,

 

nachdem die Covid-Krise die Fahrgastzahlen im ÖPNV hat einbrechen lassen und durch den Ukraine-Krieg die Preise für die meisten fossilen Energieträger explodierten, sind viele Bürgerinnen und Bürger zu einer Neugestaltung ihrer Verkehrsmittelnutzung bereit - wenn sie nicht sogar dazu gezwungen sind. Wenn selbst eine Rationierung von Treibstoffen im Bereich des Möglichen liegt, ergeben sich vielfältige dringliche Aufgaben für Stadt und Landkreis Regensburg. Das angekündigte Milliardenpaket zur Stützung des ÖPNV (Stichwort 9-Euro-Ticket) stimmt uns optimistisch, dass auch die Bundesregierung erkannt hat, dass eine gleichzeitige Verringerung der Erderhitzung und eine Entschärfung der sozialen Krise eine deutliche Verbilligung des ÖPNV zur Voraussetzung haben. Angesichts der Umweltkrise ist es politisches Ziel, global den Verbrauch fossiler Energieträger so schnell wie möglich zu verringern; angesichts des Krieges in der Ukraine ist es für uns aber auch moralisch geboten, den Verbrauch fossiler Energieträger von russischen Lieferanten so schnell wie möglich so weit wie möglich zu verringern.

 

Wir befinden uns momentan in einer Umbruchsituation, in der sich die Lebensroutinen vieler Menschen verändern. Da die Qualität der Verkehrssysteme (PKW, Rad- u. Gehwege, ÖPNV) individuelle Entscheidungen maßgeblich beeinflusst, stehen Stadt und Landkreis Regensburg auch in der Verantwortung, wenn sie Handlungen unterlassen. Umso enttäuschter sind wir angesichts der ausbleibenden Aktivitäten der entsprechenden Referate von Stadt und Landkreis Regensburg, da die Bereitstellung von (für alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen) bezahlbaren Mobilitätsdienstleistungen zur Daseinsvorsorge gehört und somit zweifelsfrei zu den hoheitlichen Aufgaben jeder Kommune.

 

Selbst gut gemeinte Ansätze scheitern unserer Ansicht nach häufig an schlechter Öffentlichkeitsarbeit - wie sonst ließe sich erklären, dass Menschen, die den ÖPNV wenig oder gar nicht benutzen, zumeist gar nicht wissen, dass man den Altstadtbus kostenfrei nutzen kann oder vom Jahnstadion/von der Donauarena für einen Euro in die Innenstadt befördert wird? Informationen einmalig in der MZ oder auf Instagram zu platzieren oder auf Webseiten zu verstecken, kann nicht ernsthaft als PR bezeichnet werden. Viele Menschen werden über diese Kanäle gar nicht erreicht.

 

Wir wissen, dass billige Fahrscheine nur ein Element sind, um die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen, sich mit einem Chauffeur zum anvisierten Ziel zu bewegen, ganz ohne Parkplatznot.1 Nichtsdestotrotz müssen die Ticketpreise sinken, wenn Menschen mit eigenem PKW erfolgreich zum Busfahren bewegt werden sollen. Doch wie ernst ist es der Stadt und dem Landkreis damit? Wir haben Sorge, dass selbst die von der Bundesregierung angekündigten Fördersummen versickern könnten. Uns ist bewusst, dass die Senkung der Ticketpreise zunächst die Deckungslücke vergrößern würde – und doch geht es nicht anders: Frieden stärken, Klima schützen und für soziale Gerechtigkeit sorgen kostet Geld. Viele der geplanten und teuren Großprojekte (wie der Sallerner Regenbrücke und ein neues Parkhaus auf dem Gelände des Alten Eisstadions) dienen einseitig einer weiteren Förderung des motorisierten Individualverkehrs. Stattdessen könnte hier viel Geld für eine Förderung des Umweltverbunds freigemacht werden.

 

Wir fordern Stadt und Landkreis Regensburg auf, noch in diesem Jahr gleichzeitig die Mobilitätswende (u. a. zur Reduzierung von CO2- und Feinstaubemissionen) voranzubringen als auch die zunehmenden finanziellen Belastungen der Menschen abzufedern:

 

(1) Gehen Sie im Raum Regensburg voran und halbieren Sie sofort und dauerhaft sämtliche Ticketpreise, auch bereits zu Sonderkonditionen vertriebene. Erhöhen Sie durch wesentlich verbesserte Öffentlichkeitsarbeit (Plakat-, Radiowerbung, Postwurfsendungen, etc..) die Fahrgastzahlen soweit, dass die Deckungslücke des RVV so wenig wie möglich zunimmt.

 

(2) Räumen Sie den Bussen des ÖPNV deutlich mehr Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr ein, indem Sie auf den innerstädtischen Hauptverkehrsstraßen sehr schnell durchgehende Busspuren und Ampel-Vorrangschaltungen einrichten. Wir lehnen es ab, dass im Vorfeld dieser dringend notwendigen Maßnahmen weitere jahrelange Untersuchungen (etwa neue Busspurengutachten) durchgeführt werden. Gerade stark genutzte Buslinien müssen noch in diesem Jahr beschleunigt werden, und nicht nur im Landkreis ist eine engere Taktung angezeigt.

 

(3) Optimieren Sie das Linien- und Streckennetz von SMO und RVV weiter, z.B. durch die zügige Einführung geeigneter Tangentiallinien. Im Koalitionsvertrag liest man: „Ziel des Ausbaus des Liniennetzes soll es sein, eine Erhöhung der Direktverbindungen zwischen den Stadtteilen mittels Tangential-/Ringlinien oder Expresslinien zu erreichen“. Mit der Linie 39 geht eine erste Tangentiallinie in Regensburg an den Start – allerdings nach 10 Jahren Planungszeit. Für die Zukunft sind wesentlich kürzere Vorlaufzeiten anzustreben.

 

(4) Starten Sie über die kommunalen Spitzenverbände Kampagnen zur Durchsetzung dauerhafter Bundeszuschüsse, damit Ticketpreise nicht nur für kurze Zeit sondern dauerhaft wesentlich günstiger werden - auch mit dem Ziel, die Angebote für Menschen im Landkreis dauerhaft zu verbessern, um ihnen den Umstieg von ihrem PKW auf den ÖPNV möglichst schmackhaft zu machen.

 

Bis die Stadtbahn fährt, fließt noch viel Wasser die Donau hinab. In einer Region mit fast 400.000 Einwohnern ist es möglich, gleichzeitig ein neues schienengebundenes Verkehrssystem aufzubauen, das nicht an den Stadtgrenzen endet, und ein Bussystem kurzfristig und mittelfristig so zu optimieren, dass es den tagesaktuellen Bedürfnissen aller Bürger – Pendler eingeschlossen – gerecht wird. Wir appellieren an die Verantwortlichen von Stadt und Landkreis Regensburg: Nutzen Sie die Gunst der Stunde, in der Bürger neue Wege gehen müssen oder wollen: Stärken Sie den ÖPNV noch im Jahr 2022 umfassend, um eine friedlichere, sozialere und nachhaltigere Welt mitzugestalten.

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Astrid Lamby für die ÖDP-Fraktion im Regensburger Stadtrat

 

Benjamin Huth für die Grüne Jugend Regensburg

 

Bernhard Ostermeier für Die Linke.Regensburg

 

Claus Hofmann für Attac Regensburg

 

Cornelia Wabra für Omas und Opas for Future Regensburg

 

Dieter Groß für die NaturFreunde Regensburg

 

Harald Klimenta für die Aktionsplattform Verkehrswende

 

Irmgard Freihoffer für die Linke im Regensburger Stadtrat

 

Jakob Friedl für die Ribisl-Partie e.V.

 

Jochen Buck für den Arbeitskreis Kultur Regensburger Bürger e.V.

 

Johann Brandl für den Bürgerverein Regensburg Süd-Ost

 

Klaus Wörle für den Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Regensburg

 

Maria Simon für Bündnis 90 / Die Grünen im Regensburger Stadtrat

 

Michael Achmann für den Radentscheid Regensburg

 

Oliver Groth für Bündnis 90 / Die Grünen Regensburg-Stadt

 

Oliver Würfl für Fridays for Future

 

Raimund Schoberer für den Bund Naturschutz Kreisgruppe Regensburg

 

Rita Friedl für den Deutschen Alpenverein Sektion Regensburg

 

Robert Fischer für die ÖDP Kreisverband Regensburg

 

Tom Gillich für den GREEN NEW DEAL FÜR REGENSBURG

 

Toni Plommer für ProBahn Regensburg

 

Wolfgang Bogie für den Verkehrsclub Deutschland (VCD) Kreisverband Regensburg e.V.

 

Wolfgang Feiner für Greenpeace Regensburg

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