Bayern

Aschaffenburg, Auto, Fußverkehr, Pressemitteilung, Stadtplanung, Verkehrsplanung & -politik, Verkehrssicherheit
Aschaffenburg

Gehwegparken

Stadt auf beiden Augen blind

VCD fordert freie Gehwege für freie Bürger

Die Beschlussvorlage der Stadt zeigt wie schlecht es um die Verkehrsmoral und den politischen Willen daran etwas zu ändern steht. In den vergangenen 32 Jahren gibt es keine positive Entwicklung. Im Gegenteil, mehr und größere Autos nehmen den schwächsten Verkehrsteilnehmern immer mehr Raum.

Die vorgelegten Beschlussvorschläge der Verwaltung verdeutlichen, dass sich in den vergangenen 32 Jahren keine positive Entwicklung abgezeichnet hat. Bereits 1991 wurde durch den Statdrat beschlossen das Gehwegparken zu beenden. Die bereits damals unzulässig gemachten Einschränkungen zeigen wohin schwache Willensbekundungen führen. Die Darstellungen bezüglich der Verdoppelung der PKW-Zahlen innerhalb der letzten 40 Jahre sowie der stetigen Größenzunahme heutiger Kraftfahrzeugmodelle deuten hingegen auf eine drastische Verschlechterung der Situation hin.

Rechtswidrige Ahndungspraxis darf nicht länger geduldet werden

Die Novellierung des Bußgeldkatalogs im Jahr 2021 hat klar signalisiert, dass das unerlaubte Parken auf Gehwegen nicht mehr toleriert wird. Der Bundesrat betont, dass das Ziel der Änderung darin besteht, Verkehrsverstöße angemessen zu sanktionieren, um die Sicherheit insbesondere für den Rad- und Fußverkehr zu erhöhen. Die pauschale Nichtahndung widerspricht daher eindeutig den gesetzgeberischen Zielen und entzieht sich aufgrund fehlender Zuständigkeit der Regelungshoheit der Kommune.

Die in Anlage 1 vorgestellte Nichtahndung, insbesondere in Wohngebieten, wo in der Regel von Parkdauern über 1 Stunde und damit einer Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze auszugehen ist, schließt das von der Verwaltung in Anspruch genommene Opportunitätsprinzip aus. Dies ist auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil nach Ansicht des OLG Düsseldorf von 1995 das „Parken auf dem Gehweg […] in der Regel nur vorsätzlich begangen werden [kann].“ Die Verdoppelung des Regelsatzes allein aus diesem Grund liegt über der maßgeblichen Grenze der geringfügigen Ordnungswidrigkeit. Daher ist die gegenwärtige Ahndungspraxis schlicht rechtswidrig und sollte umgehend eingestellt werden. Insbesondere in Bereichen mit geringem Parkdruck besteht keinerlei Rechtfertigung dafür. Der Planungs- und Verkehrssenat fordert die Polizei und den Verkehrsüberwachungsdienst auf, Verstöße gegen das Geh- und Radwegparken konsequent zu ahnden und nur in begründeten Ausnahmefällen davon abzusehen.

Legalisierung kein Ausweg

Die vorgeschlagene Anwendung des Karlsruher Modells durch die Verwaltung wird durch den VCD als Widerspruch zur VwV-StVO betrachtet. Diese regelt in Bezug auf § 41 Vorschriftzeichen, Zeichen 315 Parken auf Gehwegen, dass das Parken nur erlaubt ist, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern, gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern, auch im Begegnungsverkehr gewährleistet ist. Das Karlsruher Modell sieht eine Restgehwegbreite von 1,60m vor, die nach Meinung von Experten und gängigen Vorschriften nicht ausreicht, um die Funktionsfähigkeit des Gehwegs gemäß der VwV-StVO sicherzustellen. Das Aschaffenburger Konzept schlägt daher eine Mindestrestbreite der Gehfläche von 1,80m (ungehinderter Begegnungsverkehr nach RASt und EFA) vor, zuzüglich ausreichender Sicherheitsräume (50cm zu den Fahrzeugen, 20cm zur Bebauung). In Bereichen mit höheren Fußverkehrsstärken ist die Mindestrestbreite entsprechend der Richtlinie „Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen“ (EFA, Tabelle 2) zu erhöhen. Das Aschaffenburger Konzept, einschließlich einer Aufstellung der betroffenen Straßenbereiche, ist dem Planungs- und Verkehrssenat bis zum Jahresende 2024 vorzulegen. Die Straßenbereiche, in denen nach dem Aschaffenburger Konzept und der VwV-StVO Gehwegparken offiziell zugelassen werden kann, sind bis spätestens zum Jahresende 2026 mit Verkehrszeichen und Parkflächenmarkierung zu kennzeichnen.

Konkrete Pläne notwendig

Die vorgesehene Beteiligung der Bürger bei der konkreten Ausgestaltung der Regelung ist im Sinne der Allgemeinheit. Allerdings ist die vorgesehene Umsetzungszeitschiene (bei Beschwerden, Baumaßnahmen etc.) nicht ausreichend für die Wahrung der Interessen der Allgemeinheit. Der abzuleitende Zeithorizont für die Umsetzung des geltenden Rechts, die Dauer und Häufigkeit der Beeinträchtigung der Rechte von Passanten und Anwohnern in Verbindung mit der dargestellten Duldungspraxis lassen die vorgeschlagene Umsetzungspraxis nicht als rechtmäßig erscheinen. Die aktuellen Urteile des VG und OVG Bremen zum aufgesetzten Gehwegparken verpflichten die Behörden zu einem konkreten Eingreifen. Obwohl das OVG Bremen den Behörden eine Priorisierung der Regelungsreihenfolge zugesteht, setzt dies ein schlüssiges Konzept voraus. Den Umsetzungszeitraum, wie im Vorschlag der Verwaltung auf viele Jahre oder gar weitere Jahrzehnte zu strecken, wird dieser Anforderung nicht gerecht. Ein Umsetzungszeitraum bis Ende 2026 wird sowohl für die Bürger als auch die Verwaltung als angemessen und durchführbar erachtet.

zurück