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Nürnberg
Replik des VCD auf das Sommerinterview zum Thema Mobilität in Nürnberg
Der ökologische Verkehrsclub Deutschland bedauert, dass sich in den Ausführungen des Nürnberger Oberbürgermeisters nur wenige zukunftsweisende Ansätze wiederfinden. „Aus Wunschdenken und Mutlosigkeit erwächst die Gefahr, dass wichtige Weichenstellungen für die Stadt verschlafen werden“, kritisiert VCD-Sprecher Berthold Söder.
Söder bekräftigt, dass auch der VCD sich keine Fahrverbote wünscht, aber die Städte bei weiteren Grenzwertüberschreitungen bald wohl keine Wahl mehr haben: „Wir wollen, dass endlich wirksame Maßnahmen umgesetzt werden.“ Letztlich gebe es kein Grundrecht auf motorisierten Individualverkehr, wohl aber auf eine gesunde Atemluft. Dabei geht es nicht um abstrakte Zahlenspielereien, sondern um die Gesundheit von Menschen. Er verweist dabei auch auf eigene Messungen des VCD, die stabil über 50 µg NO2/m³ Luft liegen.
Söder weiter: „Wer sich bei der Verbesserung der Luftqualität immer noch rein auf die Autoindustrie verlässt, hat über die letzten Jahre wohl Einiges nicht mitbekommen.“ Statt sich wissentlich Unternehmen auszuliefern, die die wirksameren Hardware-Updates aus Kostengründen verweigern, muss die Stadt schon selbst zum Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger aktiv werden. Gerade bei der Verkehrspolitik hat die Kommune große Handlungsspielräume, die sie aber auch nutzen muss.
In Malys Vorstellung, den gesamten Linienbusverkehr auf Elektrobusse umzustellen, paart sich offenbare Panik mit mangendem Realitätssinn: Diese Umstellung ist heute noch völlig illusorisch, nicht ohne Grund testet die VAG gerade erst einen einzigen E-Bus. Bisher gibt es keine Serienreife, unzureichende Einsatzzeiten und keine Ladeinfrastruktur. Die Laufleistung der vorhandenen Busse betragen teils noch Jahrzehnte. Eine vorzeitige Umstellung würde nicht nur Volkskapital vernichten, sondern auch ein völlig falsches Zeichen setzen: Die NO2 Emissionen aus Bussen sind gegenüber dem Gesamtverkehr relativ gering. Die Allgemeinheit hätte jedoch hohe Kosten für die Profite der Autokonzerne und den ungehemmten „Fahrspaß“ der SUV-Besitzer zu tragen.
Bewährte Elektromobilität findet dagegen auf der Schiene statt – und kommt ohne schwere und ihrerseits umweltbelastende Akkus daher. Dabei ist die Straßenbahn das Mittel der Wahl, da neue Verbindungen wesentlich schneller und günstiger realisiert werden können als weitere U-Bahnprojekte. Hier vermeidet es der Oberbürgermeister wie der Teufel das Weihwasser, die überfällige Altstadtquerung auch nur zu erwähnen.
Stattdessen hält Maly weiter an den längst überholten und nicht umsetzbaren Planungen eines kreuzungsfreien Frankenschnellwegs fest. Söder dazu: „Verkehr wird nicht dadurch ökologischer oder gesünder, dass man ihn – auf einem kurzen Abschnitt – nicht mehr sieht.“ Und es ist unbestritten, dass der Ausbau zur Stadtautobahn mehr Autoverkehr in und durch die Stadt führen wird. So gelingt die notwendige Verkehrswende nicht. Bereits die Annahme des ausgebauten Frankenschnellwegs hat u.a. dazu geführt, dass die Stadtbahn nach Kornburg sich nicht mehr rechnet.
Wo es konkret werden könnte, ergeht sich das Stadtoberhaupt in einer Reihe hypothetischer Fragen. Söder hat klare Antworten darauf: „ Ja, Herr Maly, man kann illegales Befahren sehr wohl verhindern. Wo regelmäßige Kontrollen nicht reichen, können versenkbare Poller helfen.“
Die von Herrn Maly genannten Schwerpunkte in der Altstadt:
sind sicher markante Beispiele, welche städtischen Qualitäten dem fahrenden und ruhenden Verkehr geopfert werden. Der VCD begrüßt es, wenn sich Verwaltung und Stadtrat dieser wunden Punkte annehmen. Er ist gerne bereit, sich in die Planungsprozesse einzubringen und wird den Oberbürgermeister zu gegebener Zeit an diese Versprechen erinnern. Nürnberg endet aber schon lange nicht mehr an der Stadtmauer.
Der Bau von Stellplätzen ist ein erheblicher Kostentreiber für den Wohnungsbau, gerade in der Innenstadt. Wenn dann trotz vorhandener Tiefgaragen noch die Straßen zugestellt werden, hat das oft eher mit der Bequemlichkeit der Bewohner zu tun. Dabei nutzen Pkw-Stellplätze in der Innenstadt den knappen Raum denkbar ineffektiv. Söder: „Es ist ein Irrglaube, jemals ‚genügend‘ Parkplätze anbieten zu können, das Angebot schafft erst die Nachfrage.“ In umgekehrter Richtung kann man über die Stellplatzzahl erheblichen Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl nehmen – vorausgesetzt, es bestehen auch ausreichende Alternativen. Ein Car-Sharing-Auto ersetzt etwa 10 private Fahrzeuge.
Wenn guter öffentlicher Verkehr zu attraktiven Tarifen angeboten wird, kann die Parkplatzzahl reduziert und ihre Nutzung angemessen bepreist werden. Daraus ergeben sich Spielräume für den Fuß-, Fahrrad- und den Öffentlichen Verkehr. Söder verweist dazu abschließend auf das Beispiel Wien, wo seit Jahren eine bewusste und erfolgreiche Mobilitätspolitik betrieben wird. Wien wurde gerade erst zur Stadt mit der weltweit höchsten Lebensqualität gekürt.
Auch der Deutsche Städtetag hat erst jüngst eine nachhaltige Verkehrswende gefordert. Leider lassen die Ausführungen des Nürnberger Stadtoberhaupts, der gleichzeitig Vizepräsident dieses Gremiums ist, den notwendigen Mut vor Ort noch nicht erkennen.
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